Guckt euch das an, hat mir gerade ein Kumpel geschickt, der hat sich auf der Seite ww.uni-protokolle.de was angesehen und ist dann zufällig darauf gestossen. (nein der ist garantiert nicht süchtig und spielt auch sicher ned WOW!^^)
Meiner Meinung nach ein interessanter, ausführlicher, krasser Bericht
mfg OG
Hi,
ich schreibe diesen Text, weil ich relativ wenig von erwachsenen bekennenden süchtigen World of Warcraft (WOW) Spielern gelesen habe und viele Threads schon recht lang geworden sind. Aus diesem Grund und weil ich selber (35 Jahre alt) sowohl süchtig bin (noch) als auch das Thema Sucht kennen sollte (ich bin Psychologe), will ich meine Geschichte darstellen:
Mein Einstieg ging wie wohl fast immer: über die Empfehlung eines Bekannten vor vielleicht einem Jahr. Erst gings harmlos los. So ist auch das Spiel. Am Anfang is es recht langweilig und kompliziert, aber, weil neu, ganz gut durchzuhalten. Dann eröffneten sich nach und nach die faszinierenden und unendlich vielen Möglichkeiten des Spiels. Der Versuch, diese Auszuschöpfen, erfoderte mehr und mehr Zeit. Für alle, die das Spiel nicht kennen: je bessere Items (Waffen, Rüstung etc = Anerkennung, Macht IG = Ingame) man erhalten will, desto mehr Zeit ist zu investieren. Als Beispiel seien die erst kürzlich eingeführten neuen PVP (player versus player) Belohnungen (bspw. das Gladiator set) zu nennen: Eine Runde Alteractal (ein spezielles Spielfeld, in dem man gegen andere Mitspieler kämpft) dauert meistens so um die 10-20min. Je nachdem. Dafür erhält man "Ehrenpunkte". So um die 250-600 Punkte pro Runde. Für EIN Item benötigt man ca 10.000- 30.000 Ehrenpunkte und ein Set kann aus bis zu 8Items (das wären dann meistens 60.000-80.000 Ehrenpunkte) bestehen. Jetzt kann sich jeder ausrechnen, wie oft ich dieses Spielfeld betreten muss, um ein Set zu bekommen. Das ist unter anderem ein Grund, warum eure Kinder, Ehemänner, Freunde, ich usw. stundenlang vor dem Spiel hängen/hingen. Und es gibt 1.000 weitere Zeitfresser in diesem Spiel (sogenannte Instanzen: spezielle Aufgabenbereiche, in den extra schwere Gegner warten, aber eben auch fettere Beute winkt).
Ich schildere dies, da man meines Erachtens das Spiel bzw. die Ursache, den Mechanismus verstehen muss. Die Sprache des Spiels ist schon sehr eigen und vielleicht vertstehen manche gar nichts mehr, wenn der Partner, Kind etc. nur noch von: "lol, die haben wir gewiped, wasn raid, war mit nem Pala = easymode. Nächstes mal Kara vorher nm Mecha hero oder hdz2...).
Ich spielte mehr und mehr, wurde besser und besser (auch besessener und besessener), las Guides (Leitfaden zur Perfektionierung des Charakters) durch, kaufte Bücher zum Spiel, bekam eine Gilde (Zusammenschluss einer virtuellen Spielergemeinschaft), unterlag sozialem virtuellen Druck (Teilnahme an bestimmten Aufgaben wie Raids (Großgruppen Aufgaben) usw).
Was aber dann die Sucht ausmachte, passt in jeden Katalog einer sogenannten Nichtstofflichen Sucht, also eine Sucht, die entsteht, ohne einen physikalische Substanz zu konsumieren.
Meine Symptome waren unter anderem:
1) ständiges Denken an das Spiel
2) Umorganiseren des Alltags, um weiter spielen zu können
3) Vernachlässigen sozialer Kontakte (inkl. meiner Familie).
4) deutlich reduziertes Spaßempfinden an anderen Dingen
5) Übermüdung, weil Einschlafstörungen, langes Spielen (s.h. Punkt 1)
6) Steigerung der Onlinezeit
7) Überlaunigkeit, wenn ich nicht spielen konnte.
böse Euphorische Zustände beim Spielen (wenn z.b. ein Schritt in Karazan geschafft war) usw.
Jeder, der sich hier wiederfindet, sollte wenigsten sich selbst gegenüber so klar sein, dass er zugibt, zumindest auf dem besten Weg in die Abhängigkeit zu sein. Wenn dem so ist, nutzt den Moment, um Euch bewusst zu entscheiden, wie es weitergehen soll.
Was passiert eigentlich im Körper?
es passiert tatsächlich etwas im Gehirn selber. Etwas verändert sich in den Hirnstrukturen, wenn man aktueller Forschung glauben darf.(s.h. Literaturverz. unten). Das Belohnungszentrum im Gehirn, zuständig unter anderem, für ein "gutes Gefühl", passt sich den neuen Gegebenheiten an. Deshalb verblassen andere Dinge, die doch vorher Spaß gemacht haben. Ich habe ein paar Quellen unten aufgeführt, denn das Thema ist etwas komplexer.
Mein Ausstieg erfolgte kurz und bündig: drei Tage gegrübelt, meine Frau hatte mich mehrfach schon auf das Spiel und die Zeit angesprochen. Dann online gegangen,
1) den Gildenmitgliedern gesagt, dass Schluss ist,
2) einem anonymen "Freund" (das es sowas überhaupt gibt) aus der Gilde meine Account gegeben, ihn gebeten, alle Logins und Passwörter zu ändern, sodass ich, selbst wenn ich wollte, da nicht mehr rankomme, und ausgeloggt (das Löschen des gespielten Charakters ist insofern nicht ausreichend, als Blizzard dafür gesorgt hat, dass selbst vor Monaten gelöschte Charaktere sofort wiederhergestellt werden können).
3) Software gelöscht, ALLES was mit wow zu tun hatte in eine Tüte gepackt und dem Bekannten zurückgegeben, von dem ichs hatte.
Ich hoffe das wars. Es dauert wohl noch eine Weile, bis ich die innere Leere überwinde, aber alles ist besser, als nicht mehr Herr seiner Selbst zu sein.
Ich schaue traurig auf diese mitunder in meinem Gefühlsleben grandiose Zeit zurück, erachte das Spiel als immer noch eins der interessantesten Spiele überhaupt, aber ich weiß, dass ich niemals, niemals, jemanden anderen als mich selbst, Herr über meine Gedanken sein lassen will!
Versteht mich nicht falsch, mir geht es nicht darum, andere abzuwerten oder das Spiel als solches zu verdammen. Aber in Bezug auf meine Person, hat es mich in die Sucht getrieben. Und offensichtlich geht es vielen, vielen anderen genau so.
In diesem Sinne, wünsche ich allen, die das Lesen und ähnliches empfinden/empfunden erleben/erlebt haben, alles Gute und gratuliere Euch zu einem vielleicht geschafften oder sich jetzt in Vorbereitung befindenden Ausstieg.
Es ist nicht gleich vorbei, aber ihr gewinnt eure Freiheit zurück.
Gruß
Dusty
Meiner Meinung nach ein interessanter, ausführlicher, krasser Bericht
mfg OG