Zehnjähriger hatte Brandflasche in der Hand
Die Unruhen und Brandstiftungen in sozialen Brennpunkten in Frankreich haben in der Nacht zum Samstag einen neuen Höhepunkt erreicht. Nach Angaben der Polizei zündeten die randalierenden Jugendlichen 754 Fahrzeuge an - mehr als je zuvor in einer Brandnacht. Die Zahl der Festnahmen schnellte gegenüber dem Vortag von 78 auf 203 in die Höhe. Als Jüngster sei ein Zehnjähriger mit einer Brandflasche in der Hand erwischt worden, hieß es.
Angriffe weiten sich aus
Der Schwerpunkt der Ausschreitungen lag wieder im Großraum Paris, wo 563 ausgebrannte Autos gezählt wurden. Doch die Angriffe junger Männer, die vorwiegend aus Einwandererfamilien stammen, breiteten sich auf weitere Orte aus. Selbst aus bisher ruhigen Départements in der Picardie nördlich von Paris wurden Zwischenfälle gemeldet.
100 Hausbewohner in Tiefgarage gebracht
Auch das bisher am härtesten betroffene Département Seine-Saint-Denis bei Paris kam trotz des Einsatzes von 1400 Polizisten und eines Hubschraubers nicht zur Ruhe. Von dort wurde auch der kritischste Vorfall gemeldet: In Pierrefitte-sur-Seine brachte die Polizei mehr als 100 Hausbewohner wegen Feuers in einer Tiefgarage in Sicherheit. Brandanschläge gab es auch auf Autohäuser, Lagerhallen und öffentliche Einrichtungen wie ein Rathaus, Kindergärten sowie auf eine Synagoge.
Mitschuld der Regierung an Krawallen?
Führende Sozialisten forderten in einem Schreiben an Ministerpräsident Dominique de Villepin eine Dringlichkeitsdebatte der Nationalversammlung über die Unruhen. Die Regierung sei zum Teil verantwortlich für die Krawalle, hieß es in dem Schreiben, das unter anderem von Sozialistenchef Francois Hollande unterzeichnet wurde. Besonders umstritten ist Innenminister Nicolas Sarkozy wegen seiner scharfen Äußerungen über Gewalttäter. In der Opposition werden verstärkt Rufe nach seinem Rücktritt laut.
Treffen mit Jugendlichen
Villepin traf sich am Freitagabend mit Jugendlichen aus den vor allem von sozial schwachen Einwanderern bewohnten Vororten, um mit ihnen über ihre Situation zu sprechen. Er hat für Ende November einen "Aktionsplan" zur Lösung der Probleme der "Banlieues" angekündigt. Sarkozy stattete noch in der Nacht Polizeieinheiten in der Nähe von Versailles einen Überraschungsbesuch ab und dankte ihnen für ihre Arbeit.
Tod zweier Jugendlicher
Auslöser der Krawalle war der Tod zweier Jugendlicher in der Pariser Vorstadt Clichy-sous-Bois am Donnerstag vergangener Woche gewesen. Die Jungen hatten sich sich vor der Polizei in einem Transformatorenhäuschen versteckt und dort tödliche Stromschläge erlitten. Wegen des Falles ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Quelle: T-Online
