Nach der Reform ist vor der Reform
Von Wolfram Leytz, tagesschau.de
Fast die Hälfte der Legislaturperiode hat die Große Koalition mittlerweile geschafft. Die meisten im Koalitionsvertrag vereinbarten großen Brocken hat sie abgearbeitet. Die Rente mit 67 ist eingeführt, die Unternehmenssteuerreform beschlossen, die Gesundheitsreform wurde angeschoben und die Mehrwertsteuer-Erhöhung haben sowohl die Regierung als auch der Aufschwung verkraftet.
Arbeitslos werden die Großkoalitionäre deswegen nicht. Im Koalitionsvertrag ist noch einiges offen und wird für genug Stoff und Zoff sorgen. Zudem sollen auf Schloss Meseberg neue Projekte festgelegt werden.
Merkel steckt hohe Ziele
Angela Merkel hat die Ziele hoch gesteckt. "Wir stellen die Weichen für ein zukunftsfähiges Deutschland für die nächsten Jahre und Jahrzehnte", kündigte die Kanzlerin in ihrem Podcast an.
Ein Projekt hat in jedem Fall das Potenzial, Deutschland zu verändern: der zweite Teil der Föderalismusreform. Der rührt an das finanzielle Herz der Verfassung, der Aufteilung der Geldströme zwischen Bund und Ländern. Dazu gehört die Entscheidung, mit welchen Mechanismen man die Neigung zum Schuldenmachen in der Politik begrenzt.
Medienwirksam: Klimaschutz
Wichtiges Thema in Meseberg - auch für die Restlaufzeit der Großen Koalition - dürfte der Umweltschutz sein. Ein großes Klimaschutzprogramm soll kommen. Mit welchen Maßnahmen Häuslebauer und -Renovierer zum Klimaschutz gezwungen oder gelockt werden, wollen Union und SPD dort verabreden. Auch die Kfz-Steuer wird wohl geändert. Statt Hubraum soll künftig der Schadstoffausstoß entscheidend sein.
Gegen Bildungsprobleme die "Bildungsoffensive"
Probleme bei Bildung und Ausbildung sollen mit einer "nationalen Bildungsoffensive" angegangen werden. Schwarz-Rot will damit den Facharbeiter- und Ingenieursmangel bekämpfen. Die Zahl der Schulabbrecher soll bis 2010 halbiert werden. Merkel sprach auch ausdrücklich das Problem junger Arbeitsloser an, die schon länger ohne Job sind.
Unerwünschten Investoren wollen Union und SPD künftig einen Riegel vorschieben. China oder Russland gehen zum Beispiel mit Staatsmilliarden rund um den Globus einkaufen. Davor sollen deutsche Firmen besser geschützt werden.
Einen branchenbezogenen Mindestlohn haben Union und SPD vereinbart, aber ob das reicht? Beim Kombilohn hatte man sich im Koalitionsvertrag mit der Aussage herumgemogelt, man wolle Modelle "prüfen". Hartz IV und sinkende Löhne sorgten dafür, dass dieses Thema mächtig Schub bekam - es wird Schwarz-Rot weiter beschäftigen.
Reformen müssen nachgebessert werden
Überhaupt ist nach der Reform vor der Reform. Die Umsetzung der Hartz-Reformen verdient immer noch an vielen Stellen die Note mangelhaft. 2008 kommt der Prüfbericht für Hartz IV. Da wird es wie bei Hartz I bis III heißen: nacharbeiten. Korrekturen soll es auch an der Rente mit 67 geben.
Brisanz steckt noch in der für 2008 geplanten Bahn-Privatisierung. Ein Gesetzentwurf liegt mittlerweile vor, vor allem in der SPD mehren sich aber die Stimmen, die nach Sinn und Gewinn für den Bund fragen. Vergleichsweise klein ist der Anlass beim Streit um die Online-Durchsuchung, der derzeit lautstark geführt wird. Allerdings ist deswegen das neue BKA-Gesetz in der Schwebe. Bis zum Herbst will Schwarz-Rot das Problem lösen.
Neue Erbschaftssteuer kommt 2008
Weniger Konfliktstoff birgt die Erbschaftsteuer, die nach einem Urteil aus Karlsruhe bis Ende 2008 reformiert werden muss. Die Ungleichbehandlung von Immobilien und Vermögen wird abgeschafft, bei wirklich großen Vermögen wird die Steuer wohl etwas steigen. Welche Baustellen hat die Große Koalition noch? Die Familienförderung liegt inzwischen Union wie SPD besonders am Herzen, deswegen wird etwa beim Kinderzuschlag weiter gearbeitet.
Kein Thema ist die Wehrpflicht: Mit dem Vorschlag für eine "freiwillige Wehrpflicht" hat die SPD zwar für ein Politikum gesorgt. Eine Entscheidung steht hier aber nicht an.
Immer gut: Bürokratieabbau
Noch offen aus dem Koalitionsvertrag sind etwa Verbesserungen bei der Altersvorsorge durch die Schaffung von Wohneigentum. Für die Zukunft sollen Arbeiter und Angestellte auch mit der Mitarbeiterbeteiligung vorsorgen. Ob in Form des "Deutschlandfonds" - das will die SPD - oder als Direktbeteiligung ist noch nicht entschieden.
Ganz oben auf der Agenda der Regierung steht noch ein Projekt, das immer gut ankommt: Bürokratieabbau. Auch hier will Schwarz-Rot weiter aktiv werden. Was den Reformeifer allerdings erlahmen lassen könnte, sind die Landtagswahlen 2008, unter anderem in Hessen und Bayern.
Quelle: tagesschau.de
Von Wolfram Leytz, tagesschau.de
Fast die Hälfte der Legislaturperiode hat die Große Koalition mittlerweile geschafft. Die meisten im Koalitionsvertrag vereinbarten großen Brocken hat sie abgearbeitet. Die Rente mit 67 ist eingeführt, die Unternehmenssteuerreform beschlossen, die Gesundheitsreform wurde angeschoben und die Mehrwertsteuer-Erhöhung haben sowohl die Regierung als auch der Aufschwung verkraftet.
Arbeitslos werden die Großkoalitionäre deswegen nicht. Im Koalitionsvertrag ist noch einiges offen und wird für genug Stoff und Zoff sorgen. Zudem sollen auf Schloss Meseberg neue Projekte festgelegt werden.
Merkel steckt hohe Ziele
Angela Merkel hat die Ziele hoch gesteckt. "Wir stellen die Weichen für ein zukunftsfähiges Deutschland für die nächsten Jahre und Jahrzehnte", kündigte die Kanzlerin in ihrem Podcast an.
Ein Projekt hat in jedem Fall das Potenzial, Deutschland zu verändern: der zweite Teil der Föderalismusreform. Der rührt an das finanzielle Herz der Verfassung, der Aufteilung der Geldströme zwischen Bund und Ländern. Dazu gehört die Entscheidung, mit welchen Mechanismen man die Neigung zum Schuldenmachen in der Politik begrenzt.
Medienwirksam: Klimaschutz
Wichtiges Thema in Meseberg - auch für die Restlaufzeit der Großen Koalition - dürfte der Umweltschutz sein. Ein großes Klimaschutzprogramm soll kommen. Mit welchen Maßnahmen Häuslebauer und -Renovierer zum Klimaschutz gezwungen oder gelockt werden, wollen Union und SPD dort verabreden. Auch die Kfz-Steuer wird wohl geändert. Statt Hubraum soll künftig der Schadstoffausstoß entscheidend sein.
Gegen Bildungsprobleme die "Bildungsoffensive"
Probleme bei Bildung und Ausbildung sollen mit einer "nationalen Bildungsoffensive" angegangen werden. Schwarz-Rot will damit den Facharbeiter- und Ingenieursmangel bekämpfen. Die Zahl der Schulabbrecher soll bis 2010 halbiert werden. Merkel sprach auch ausdrücklich das Problem junger Arbeitsloser an, die schon länger ohne Job sind.
Unerwünschten Investoren wollen Union und SPD künftig einen Riegel vorschieben. China oder Russland gehen zum Beispiel mit Staatsmilliarden rund um den Globus einkaufen. Davor sollen deutsche Firmen besser geschützt werden.
Einen branchenbezogenen Mindestlohn haben Union und SPD vereinbart, aber ob das reicht? Beim Kombilohn hatte man sich im Koalitionsvertrag mit der Aussage herumgemogelt, man wolle Modelle "prüfen". Hartz IV und sinkende Löhne sorgten dafür, dass dieses Thema mächtig Schub bekam - es wird Schwarz-Rot weiter beschäftigen.
Reformen müssen nachgebessert werden
Überhaupt ist nach der Reform vor der Reform. Die Umsetzung der Hartz-Reformen verdient immer noch an vielen Stellen die Note mangelhaft. 2008 kommt der Prüfbericht für Hartz IV. Da wird es wie bei Hartz I bis III heißen: nacharbeiten. Korrekturen soll es auch an der Rente mit 67 geben.
Brisanz steckt noch in der für 2008 geplanten Bahn-Privatisierung. Ein Gesetzentwurf liegt mittlerweile vor, vor allem in der SPD mehren sich aber die Stimmen, die nach Sinn und Gewinn für den Bund fragen. Vergleichsweise klein ist der Anlass beim Streit um die Online-Durchsuchung, der derzeit lautstark geführt wird. Allerdings ist deswegen das neue BKA-Gesetz in der Schwebe. Bis zum Herbst will Schwarz-Rot das Problem lösen.
Neue Erbschaftssteuer kommt 2008
Weniger Konfliktstoff birgt die Erbschaftsteuer, die nach einem Urteil aus Karlsruhe bis Ende 2008 reformiert werden muss. Die Ungleichbehandlung von Immobilien und Vermögen wird abgeschafft, bei wirklich großen Vermögen wird die Steuer wohl etwas steigen. Welche Baustellen hat die Große Koalition noch? Die Familienförderung liegt inzwischen Union wie SPD besonders am Herzen, deswegen wird etwa beim Kinderzuschlag weiter gearbeitet.
Kein Thema ist die Wehrpflicht: Mit dem Vorschlag für eine "freiwillige Wehrpflicht" hat die SPD zwar für ein Politikum gesorgt. Eine Entscheidung steht hier aber nicht an.
Immer gut: Bürokratieabbau
Noch offen aus dem Koalitionsvertrag sind etwa Verbesserungen bei der Altersvorsorge durch die Schaffung von Wohneigentum. Für die Zukunft sollen Arbeiter und Angestellte auch mit der Mitarbeiterbeteiligung vorsorgen. Ob in Form des "Deutschlandfonds" - das will die SPD - oder als Direktbeteiligung ist noch nicht entschieden.
Ganz oben auf der Agenda der Regierung steht noch ein Projekt, das immer gut ankommt: Bürokratieabbau. Auch hier will Schwarz-Rot weiter aktiv werden. Was den Reformeifer allerdings erlahmen lassen könnte, sind die Landtagswahlen 2008, unter anderem in Hessen und Bayern.
Quelle: tagesschau.de