Mit einem Arbeitssieg ohne jeden Zauber ist der grosse Favorit Brasilien in die Fussball-Weltmeisterschaft gestartet. Beim 1:0-Erfolg über die gleichwertigen Aussenseiter vom Balkan reichte dem fünfmaligen Weltmeister am Dienstagabend vor 72.000 Zuschauern in Berlin eine durchschnittliche Leistung.
Schütze des goldenen Tores war Kaka mit einem Distanzschuss. Bei dem fünfmaligen Weltmeister enttäuschte vor allem der hüftsteife und unbewegliche Superstar Ronaldo auf der ganzen Linie. Kroatien überzeugte dagegen mit einer grossen taktischen und kämpferischen Leistung.
Die Spieler von Trainer Zlatko Kranjcar, die sich 1998 beim 3:0 gegen Deutschland und vier Jahre später beim 2:1-Erfolg über Italien den Ruf eines WM-Favoritenschrecks erspielt hatten, waren mit demonstrativem Selbstvertrauen nach Berlin geflogen. Und tatsächlich fanden sie nach ein paar nervösen Anfangsminuten schnell ins Spiel. Das mit vier Bundesligaspielern bestückte Team liess die Brasilianer bis zur Mittellinie unbehelligt, um sie in der eigenen Hälfte mit massiver Defensive und rustikalem Zweikampfverhalten an einem geregelten Spielaufbau zu hindern.
Den Südamerikanern gefiel das überhaupt nicht, und so resultierten die ersten Chancen weniger aus zauberhafter Spielkultur als aus Gewaltschüssen von Roberto Carlos und Ronaldinho, die Torwart Stipe Pletikosa gut parierte. Umgekehrt scheiterte das Team von Trainer Zlatko Kranjcar mit den eigenen, nicht übermässig schnellen Angriffen spätestens an der brasilianisch-deutschen Innenverteidigung mit dem Münchner Lucio und den Leverkusener Juan. Trainer-Sohn Niko Kranjcar war als Spielmacher überfordert, so dass sich der überragende Stürmerstar Dado Prso meist weit zurückfallen liess, um sich die Bälle aus dem Mittelfeld selbst zu holen.
Logische Folge war ein in der ersten Halbzeit für die Zuschauer unspektakuläres Spiel, das nur selten bis in die Strafräume gelangte und in dem beide Teams vor allem auf Fehler des Gegners lauerten. Selbst ein Ronaldinho-Freistoss von der Strafraumgrenze - an guten Tagen eine hundertprozentige Torchance - blieb frei von jedem Zauber in der Mauer hängen.
Gewaltschuss brach den Bann
Erst ein weiterer Gewaltschuss - diesmal von Kaka - brach den Bann für die Mannschaft von Trainer Carlos Alberto Parreira: Aus 25 Metern traf der 24-Jährige vom AC Mailand in der 44. Minute unhaltbar zum 1:0. Vier Minuten zuvor hatten die Kroaten den ersten Schock verdauen müssen: Kapitän Niko Kovac musste verletzt ausgewechselt werden. Und mit ihm ging in den entscheidenden Momenten vor dem Gegentor die Ordnung im Mittelfeld verloren.
Nach der Pause verstärkten die Kroaten den Druck auf die Selecao, die in vielen Szenen überheblich wirkte und den Sieg ohne grosse Anstrengung über die Zeit zu schaukeln glaubte. Gegen die zeitweise lässige Arroganz des fünfmaligen Weltmeisters, bei dem mit Adriano und Juan lediglich zwei Spieler vor der Partie noch ohne WM-Erfahrung waren, setzten die Kroaten grosse Leidenschaft.
Die Sturmabteilung mit dem sehr guten Prso, Ivan Klasnic und dem später für den Bremer eingewechselten Ivica Olic erspielte sich nun Chance um Chance, scheiterte aber immer wieder an Torwart Dida. Umgekehrt verpassten Ronaldinho, Kaka und Robinho, der an Stelle Ronaldos das brasilianische Angriffsspiel deutlich belebte, die vorzeitige Entscheidung.
Telegramm
Brasilien - Kroatien 1:0 (1:0)
Olympiastadion, Berlin. - 72 000 Zuschauer (ausverkauft). - SR Archundia (Mex).
Tor: 44. Kaka 1:0.
Brasilien: Dida; Cafu, Lucio, Juan, Roberto Carlos; Emerson, Ze Roberto; Kaka, Ronaldinho; Adriano, Ronaldo (70. Robinho).
Kroatien: Pletikosa; Simic, Robert Kovac, Simunic; Srna, Tudor, Niko Kovac (41. Jerko Leko), Babic; Kranjcar; Prso, Klasnic (57. Olic).
Bemerkungen: Beide Teams komplett. Verwarnungen: 32. Niko Kovac (Foul). 42. Emerson (Foul). 67. Robert Kovac (Foul). 90. Tudor (Foul).
Quelle: 20min.ch
MfG